Gedenkaktionen 4 Jahre nach rassistischem Anschlag in Hanau

Im Gedenken an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin fand am 17. Januar in Hanau eine zentrale Demonstration statt. In vielen Städten gab es am 19. Februar 2024 – dem 4. Jahrestag des rassistischen Terroranschlags Aktionen, denn: Hanau ist überall. Überall ist es wichtig, gemeinsam und entschlossen gegen Rassismus vorzugehen. Hier einige Aktionen in Süddeutschland:

München

Vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020 sind wir erneut in München zusammen gekommen, um an die Opfer der Morde zu gedenken und Kritik an der Polizei, Rassismus und diesen Verhältnissen zu äußern.

Nach einer Schweigeminute zu Beginn und dem Audio-Beitrag der Angehörigen aus Hanau sprach die DIDF-Jugend über Rassimus und den Kampf dagegen. Im Anschluß sprach die Antifaschistische Aktion München über Perspektiven der Gedenkarbeit und darüber, dass gerade durch die Organisierung der Angehörigen der politische Kampf um Aufklärung und Anerkennung möglich wurde. Knapp 1000 Menschen nahmen sich daraufhin die Straße und brachten mit Parolen, Transparenten und Schildern ihre Trauer und Wut zum Ausdruck. Eigentlich sollte die Demoroute an der Polizeistation 14 vorbeilaufen. Doch das verhinderte die Polizei im Vorhinein u.a. mit dem Argument, dass Wege für Einsatzfahrzeuge freigehalten werden müssen, nur um dann heute die ganze Zufahrt zur Straße mit Gittern abzusperren. Deshalb sprachen wir – der Antifaschistische Stammtisch München – und das Kurdische Gesellschaftszentrum nur vor den Absperrungen in den Reden über das Versagen der Polizei und des Staates. Nicht angenommene Notrufe, ein abgesperrter Notausgang der Shishabar, um Razzien der Polizei zu erleichtern, und Polizist:innen, die die Angehörigen schikanierten, anstatt den Attentäter zu stoppen.

Die Demonstration endete an der Theresienwiese am Denkmal für die Betroffenen des rechtsradikale Oktoberfestattentat von 1980. Damit erinnerten wir an die Kontinuität rechten Terrors in Deutschland. Zu den 234 Figuren des Denkmals, die für die vielen Verletzten des Oktoberfest-Attentats stehen, haben wir eine weitere Figur symbolisch für die Ermordeten vom 19. Februar 2020 dazu gestellt. Auf ihr standen die Namen der Ermordeten. Vor der Figur stellten wir Kerzen nieder. Außerdem erinnerte die Initative “München erinnern” an das rechtsradikale Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016 und dem dortigen Kampf der Angehörigen.

Die Panthifa München sprach ebenfalls über die Notwendigkeit der Organisierung und das es gerade jetzt in diesen Zeiten wenige Ausreden gibt dies nicht zu tun. Zum Abschluss sprach auch der “ver.di AK gegen Rechts” über die Wichtigkeit des Kampfes gegen Rassismus und Rechtsruck auch innerhalb der Gewerkschaften.

Es war ein wichtiges Zeichen auch vier Jahre nach dem rechten Terrorakt in Hanau mit so vielen Menschen weiterhin laut zu sein und den Jahrestag nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch es reicht nicht nur heute auf die Straße zu gehen und zu gedenken: der Kampf gegen die vorherrschenden rassistischen und unterdrückenden Verhältnisse wird 365 Tage im Jahr geführt!

In Gedenken an: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov! In unseren Kämpfen lebt ihr weiter.


Villingen

Rede des OAT Villingen-Schwenningen:

Hanau heißt wir gedenken – wir gedenken an neun, aus rassistischen Motiven ermordete Menschen.

Hanau heißt – Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin

Hanau heißt das wir erinnern an die Tatnacht am 19.Fenbruar 2020.

Hanau das heißt das wir keine Ruhe geben bis es Gerechtigkeit gibt.

Hanau heißt das wir nicht vergessen und nicht schweigen über die Verhältnisse in diesem Land in dem wir leben – über den Sumpf aus Rassismus und rechter Ideologie. Ein Sumpf von alten und neuen Nazis – bieder und bürgerlich – stumpf und brutal. Das ist Deutschland das ist der Hintergrund.

Nach den rassistischen Morden von Hanau haben tausende ein Versprechen gegeben: Die Namen der Ermordeten nicht zu vergessen. Und so tragen auch wir ihre Namen auf die Straße. Seit vier Jahren. Und wir werden keine Ruhe geben.

Neun Menschen erschoss ein Faschist an diesem 19.Febraur 2020. Sein Motiv Rassismus und faschistisches Denken. Was die Ermordeten zum Ziel machte? Sie besuchten eine Shisha-Bar und der Täter sah in ihnen die Ausländer.

Vier Jahre sind seid her vergangen. Seit vier Jahren sehen wir – Die Grenze der Gerechtigkeit sind Konsequenzen. Noch immer sprechen Polizei, bürgerliche Politiker:innen ihre Ämter und Behörden von einer Einzeltat, dem Einzeltäter. Sie haben es seit der Tatnacht immer wieder geschafft eine wirkliche Aufklärung zu verhindern. Letztes Jahr im Sommer ist mit der Vorstellung des Abschlussberichts des Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag offiziel geworden was klar war: Konsequenzen wird es keine geben. Was bleibt sind offene Fragen, leere Versprechungen und weitere Morde.

Seit der Tatnacht vor vier Jahre steht der Name Hanau für mehr als eine Stadt in Deutschland. Seit vier Jahren steht Hanau für Hanau – sinnbildlich für den rassistischen Alltag und die rechte Gewalt. Aber Hanau steht auch für Widerstand. Hanau steht seid vier Jahren für – nie wieder!

Wir sagen neun Namen und meinen alle Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Wir gedenken aller und meinen alle. Ihre Namen erinnern- und fordern uns auf, den rassistischen Normalzustand im Alltag, in Behörden, Politik, Medien und in den Sicherheitsapparaten konsequent zu bekämpfen. Dieser Zustand, dass ist der Nährboden, auf dem der Hass der Täter überhaupt erst gedeihen kann. Die Vernichtungsfantasien und Umsturzpläne extrem rechter Netzwerke enden tödlich. Und wo die gesellschaftlichen Verhältnisse, alltäglichen Rassismus und rechte Hetze, Abwertung und Ausgrenzung befeuern und rassistische Polizeimorde, unaufgeklärtes Versagen der Justiz und die Diskriminierung migrantischer Menschen kein Fehler, sondern Teil des Systems sind, dort können rechte Attentate niemals Einzelfälle sein.

Hanau das war der Punkt, an dem Tausende sagten: „Es reicht.“ Viele Tausende Menschen in ganz Deutschland sind auf die Straße gegangen. Dass wir uns selbst gegen rechte Gewalt schützen und zu wehr setzen müssen wurde einmal mehr offensichtlich. Das wir im Kampf gegen Rassismus, gegen rechte Hetze aus der Politik, gegen faschistischen Terror und gegen den Rechtsruck hierzulande nicht hoffen können auf die Polizei, die Behörden, diesen Staat.

Und wenn jetzt öffentlich wird das AfD und andere Nazis, Mitglieder der Werteunion und auch mancher Unternehmer im stillen zusammensitzen um Deportationspläne zu schmieden und zugleich immer wieder rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr auftauchen dann bestätigt das nur was wir doch wissen. Es liegt an uns allen – an jeder und jedem einzelnen – nicht zu akzeptieren – nicht zu tolerieren sondern einzuschreiten. Es macht Mut zu sehen wie viele Menschen derzeit auf die Straße gehen – gegen die AfD und Rechtsruck. Dabei können wir das offensichtliche jedoch nicht ignorieren – es war die angeblich so demokratische bürgerliche Mitte der Gesellschaft, es waren CDU und CSU, es waren die SPD und auch die Grünen waren mit dabei, welche die Debatten von kriminellen Familien Clans, Parallelgesellschaften, Wirtschaftsflüchtlingen, Integrationsverweigerern, kriminellen Ausländern und Shisha-Bars in die Debatte gebracht haben. Es waren ihre bürgerlichen Medien von der Bildzeitung des Springer Konzern zu den Medien des Bildungsbürgertums. Rassismus und dabei besonders aggressiv ein antimuslimischer und antiarabischer Rassismus sind in Deutschland nicht erst seit dem jüngsten Krieg in Palästina Salonfähig.

„Wir sind mehr“ wie wir es gerade wieder so oft auf den Straßen hören wird nicht reichen um den Aufstieg der Faschisten und den Rechtsruck in diesem Land zu stoppen. Was es braucht ist eine klare Antifaschistische Haltung genauso wie die Perspektive wofür wir einstehen. Wir träumen von einer Gesellschaft in welcher die Menschen, ganz gleich wo sie geboren sind oder welche Farbe die haut hat, gleichberechtigt ohne Angst und frei zusammenleben. Wir kämpfen um die Ausgrenzung, die Abwertung, die Konkurrenz und die Spaltung welche die heutige Gesellschaft hervorbringt und welche durch ihre Ordnung und Gesetze Zementiert werden hinter uns zu lassen. Ob dies in den Augen derer welche mit rechten Parolen hetzen und spalten Gesetzmäßig oder kriminell ist – es ist richtig das wissen wir.

Ferhat Unvar hat einmal gesagt: „Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst.“

So wollen wir an die Ermordeten erinnern und Gedenken und Gedenken heißt kämpfen.

In Gedanken bei:

Ferhat Unvar
Hamza Kurtović
Said Nesar Hashemi
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçoğlu
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin


Augsburg

Es ist nun 4 Jahre her, dass beim Anschlag in Hanau 9 Menschen aus rassistischen Gründen ermordet wurden.

Vier Jahre, in denen von Polizei und Justiz wenig aufgeklärt wurde. Und noch weniger hat sich in diesem Land seither geändert. Der deutsche Staat hat kein Interesse daran, rassistische Gewalt zu verhindern. Die Polizei schikaniert täglich migrantische Jugendliche und zielt auf diejenigen, die sie als fremd und somit als gefährlich einstuft.

Die bürgerlichen Parteien können sich noch so weltoffen geben. Sie sind es, die mit ihren Reden von gefährlichen Parallelgesellschaften, Shisha-Bars und kriminellen Familien-Clans Stimmung machen. Sie bereiten immer wieder aufs neue den Boden für Taten wie die von Hanau. Es sind keine Einzeltäter*innen, die in Halle, Hanau oder sonstwo morden. Dahinter steht ein System, das ohne Rassismus, Abwertung, Ausgrenzung und Gewalt nicht funktionieren kann. Ein Ende struktureller rassistischer Gewalt ist ohne den Sturz dieses Systems und/durch eine antikapitalistische Perspektive nicht zu haben.

Wir rufen euch dazu auf zum Jahrestag von Hanau auf die Straße zu gehen. Wir rufen auch dazu auf, das ganze Jahr antikapitalistisch zu kämpfen. Gegen ebendiesen strukturellen Rassismus, gegen die Unterdrückung von Minderheiten in aller Welt. Organisiert euch und werdet aktiv.

Um dem Gedenken der Opfer Raum zu geben, haben wir uns dazu entschieden Straßenumbenennungen durchzuführen.

Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov sind nicht vergessen!


Karlsruhe


Ingolstadt