Geschichte der Antifaschistischen Aktion von 1932

Die Anfänge der antifaschistischen Bewegung in Deutschland lassen sich auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurückführen. Die letzten Jahre des Kaiserreichs waren geprägt von massiver Militarisierung, der Aufhebung von Arbeitsschutzgesetzen und der intensiven Verfolgung linker Kräfte – von Beginn an mitgetragen von der revisionistischen SPD im Reichstag. Unter diesen Bedingungen verstärkten sich die Spannungsverhältnisse zwischen den gesellschaftlichen Klassen und eine politische Massenbewegung konnte entstehen: Der Kieler Matrosenaufstand 1918 leitete die Novemberrevolution ein, die die Gründung der Weimarer Republik zur Folge hatte – das Kaiserreich war Geschichte.

Die Forderung linker Kräfte nach der Fortsetzung und Absicherung ihrer Revolutionsziele mündete 1919 im Spartakusaufstand, der unter Führung der SPD und mithilfe rechter Freikorps blutig niedergeschlagen wurde. In diesem Kontext wurden am 15. Januar 1919 Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin von Freikorps-Soldaten ermordet – ein schwerer Schlag für die revolutionäre Bewegung.

1919 in Berlin: Bewaffnete Spartakisten ziehen durch die Straßen

Am 1. Januar 1919 gründete sich die KPD, die ein sozialistisches Rätesystem anstrebte und daher nicht an den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 teilnahm. Diese Wahl brachte eine Regierung der bürgerlichen Mitte unter Friedrich Ebert (SPD) hervor.

Am 13. März 1920 folge der Kapp-Lüttwitz-Putsch, angeführt von chauvinistischen Militärs. Die Arbeiter*innen reagierten mit einem Generalstreik und bewaffnetem Widerstand. Es war eine breite Koalition von linken Kräften, die den Widerstand gegen den Putsch organisierten. Besonders im Ruhrgebiet war die Beteiligung groß.

Als der „Ruhraufstand“, nun mit dem Ziel die Räteherrschaft auszurufen, weiter anhielt, wurden die Arbeiter*innen, die sich zur „Roten Ruhrarmee“ zusammenschlossen hatten, auf Befehl der SPD-geführten Regierung von Reichswehr und Freikorps brutal entwaffnet und tausende getötet. In dieser Zeit verstärkte sich die Erkenntnis unter den Arbeiter*innen, dass ein entschlossener antifaschistischer Selbstschutz notwendig war. Die Weimarer Republik sah sich von Anfang an durch rechte Putschversuche bedroht, während die Sozialdemokratie die Repression gegen links intensivierte.

Der Mord an Reichsaußenminister Walther Rathenau am 24. Juni 1922 durch rechte Kräfte führte zu den ersten antifaschistischen Einheits-frontaktionen der KPD in einem breiten Bündnis mit anderen Parteien und Gewerkschaften. Trotz dieser Bemühungen blieb die einst gestärkte Arbeiter*innenbewegung gespalten, die KPD hatte Schwierigkeiten Partner*innen zu finden, um eine einheitliche Front gegen den aufkommenden Faschismus zu bilden.

Angesichts der wachsenden Bedrohung durch rechte und bewaffnete paramilitärische Organisationen zeigte sich die Notwendigkeit antifaschistischer Wehrverbände auf. So gründete sich 1924 der Roten Frontkämpferbund (RFB) als KPD-nahe Selbstschutzstruktur.

Der RFB und seine Unterorganisationen organisierten nicht nur den Schutz vor faschistischen Angriffen, sondern auch kulturelle und politische Bildung, um das Klassenbewusstsein zu stärken.

Pfingstreffen des RFB im Berliner Lustgarten 1928. Zu dieser Zeit hatte der Bund über 100.000 Mitglieder in der gesamten Republik.

Nach dem Blutmai 1929 wurde der RFB verboten. Zuvor hatte der Sozialdemokratische Polizeipräsident Berlins ein hartes vorgehen gegen von der KPD organisierte Demonstrationen angeordnet. Dabei wurden 33 Zivilisten getötet sowie zahlreiche Demonstranten und Unbeteiligte verletzt.

Auch die SPD baute Organisationen auf: Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 1924, strebend nach dem „reinen wahren Nationalismus“, oder auch die Eiserne Front ab November 1931, die jedoch keine Kom-munist*innen in ihren Reihen duldeten und aktiv gegen deren Strukturen in den genannten Organisationen vorgingen.

Ab 1929 verschärfte sich die Situation der Bevölkerung durch die Weltwirtschaftskrise massiv. Die NSDAP schnitt bei den Wahlen im September 1930 besonders gut ab. Die akute Bedrohung durch Faschist*innen auf der Straße nahm konstant zu, Straßenkämpfe zwischen den verschiedenen politischen Lagern waren an der Tagesordnung. Als Reaktion gründete sich der Kampfbund gegen den Faschismus (KGF) auf Basis des verbotenen BFB mit dem Ansatz eine „Einheitsfront von unten“ aufzubauen, sowohl in Betrieben als auch in den Arbeiter*innenvier-teln. Dieser ist der direkte Vorläufer der Antifaschistischen Aktion.

Demonstration des KGF

Konstant intensivierten sich die Bemühungen, die Arbeiter*innen gegen den Faschismus zu vereinen. Ende Juni 1932 fand in Hamburg der „1. Antifaschistische Kampfkongress“ statt. Nachdem NSDAP-Abgeordnete die KPD während einer Rede im Reichstag angegriffen hatten wurde am 10. Juli 1932 auf dem Reichseinheitskongress der antifaschistischen Komitees in Berlin offizie die Antifaschistische Aktion gegründet.

Das Logo zeigt zwei nach links geneigte rote Doppelfahnen, eine für die KPD, eine für die sozialistische Basis der SPD.

Die Gründung der AFA im Jahr 1932 markierte einen wichtigen Schritt im organisierten Widerstand gegen den aufkommenden Faschismus.

Sie vereinte verschiedene linke Kräfte und setzte auf Massenmobilisierung und direkte Aktion, um dem Nazi-Terror entgegenzutreten. Sie handelte stets unter dem Ansatz des Roten Massenselbstschutzes, das heißt praktisch gelebter Widerstand gegen Nazi-Netzwerke in Betrieben und in der direkten Konfrontation auf der Straße.

Trotz aller Mühen nahm die linke Bewegung in Form der Antifaschistischen Aktion erst zu spät Einfluss auf die politischen Entwicklungen und kam zu spät, um die Machtübertragung auf die Faschist*innen am 30. Januar 1933 zu verhindern.

Die SPD lehnte bis zuletzt jedes Kooperationsangebot der KPD ab und eine Einheitsfront kam, trotz vieler Bemühungen, nie zustande. Auch wegen ihrer Tolerierungspolitik verlor die SPD bis 1932 über zwei Millionen Stimmen stimmen, meist an die KPD.

Wahlwerbung an der KPD-Zentrale 1932

Selbst nach dem Staatsstreich in Preußen 1932 lehnte die SPD den Einsatz der Eisernen Front, Aufrufe zur Befehlsverweigerung an die Polizei Preußens und zum Generalstreik ab und beschränkte sich auf eine Verfassungsklage, die erfolglos blieb. Goebbels sah diesen Verzicht auf Widerstand als ausschlaggebend für den Sieg der Nationalsozialisten.

Zwei Tage nach der Gründung der Antifaschistischen Aktion stürmten SA-Männer den Sitzungssaal des Reichstags und griffen die kommunistischen Abgeordneten mit Fäusten und Schlagstöcken an. Mehrere Abgeordnete wurden schwer verletzt. Wenige Monate später wurden Antifaschist*innen zu den ersten Opfer der NS-Diktatur: Nach der Machtübertragung an die Nazis nutzten diese den Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 als Vorwand für eine umfassende Verhaftungswelle. Kommunist*innen, Gewerkschafter*innen und Sozialdemokrat*innen wurden systematisch inhaftiert und in die ersten Konzentrationslager verschleppt, dort gefoltert und ermordet.

Drei Wochen nach dem Reichstagsbrand entstand u.a. das KZ Dachau. Haftnummer eins erhielt der Kommunist Claus Bastian.

Doch auch nach 1933 setzte sich der antifaschistische Widerstand in den unterschiedlichsten Formen fort – unter größtem Risiko. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland von 1933 bis 1945 knapp 30.000 Antifaschist*innen ermordet wurden. Zentausende flohen, viele kehrten nie zurück.

„Wir alle dürfen nicht rasten und ruhen, bis der Faschismus, der blutige Unterdrückung, Terror, Hunger und Krieg im Gefolge hat, zerschmettert am Boden liegen wird.“ (Dick)

Nach dem Reichstagsbrand 1933 richtete Clara Zetkin (1857 – 1933) als Leiterin der Internationalen Roten Hilfe einen letzten Aufruf an die Öffentlichkeit.

Wenige Monate zuvor hatte sie als KPD-Abgeordnete und Alterspräsidentin den neu gewählten Reichstag mit einer langen Rede eröffnet.

Ihr gegenüber saß eine Fraktion von 230 NSDAPlern, die nahezu die Hälfte des Saals füllte. Zum Kampf gegen den Nationalsozialismus rief auch Zetkin in dieser Rede zur Bildung einer „Einheitsfront aller Werktätigen“ auf, die sie als einzigen Weg und wohl letzte Chance begriff, dem Faschismus Einhalt zu gebieten.