Protest gegen AfD auf Ausflugsschiff

Am Samstag, den 14. September, hatte die AfD erneut zu einem sogenannten „Bürgerdialog“ geladen. Als Ort hierfür diente diesmal das Ausflugsschiff „MS Kurpfalz“, dessen Anleger sich direkt neben der Kurpfalzbrücke im Zentrum Mannheims befindet. Eine Gruppe Mannheimer Antifaschist*innen wollte die Zusammenkunft der AfD nicht unkommentiert lassen und versammelte sich daher spontan, um der Veranstaltung der AfD etwas entgegenzusetzen. 20 Personen kamen am Morgen des 14. Septembers aus Richtung des Collinicenters am Neckarweg in die Nähe des Anlegers. Sehr schnell setzte sich ein Mannschaftswagen der Polizei in Bewegung, der den Zugang zum Anleger schon weit vor der Veranstaltung blockieren sollte. Die Gruppe wich auf den Dammweg aus, wo sie sich zunächst unbehelligt bewegen konnte. Als sie einen Weg in Richtung Anleger wählte, wurde sie direkt gewaltsam gestoppt, es kam zu groben Schubsereien von Seiten der Einsatzkräfte. Es war den Beamtinnen offensichtlich egal, dass die Gruppe eng gedrängt auf einer Treppe stand und jederzeit Personen hätten Fallen können. Nachdem die Gruppe dort etwas verblieben war, zog sie sich auf den Dammweg zurück und bewegte sich auf die Kurpfalzbrücke – um in Hör-und Sichtweite des Schiffes zu gelangen. Von dort beschallten sie die „MS Kurpfalz“ bis zum Ablegen mit Parolen und Kurzrdebeiträgen, die den Grund des Protestes erklärten und sich direkt an die Mannheimer Bewohner*innen wandten.

Zu der Gruppe gesellten sich mehrere Mannheimer Bürger*innen, darunter auch Familien. Eine weitere kleine Gruppe von Protestierenden befand sich weiterhin am Brückenkopf, von etwa der doppelten Menge an Polizeikräften abgeschirmt. Eine Person, die direkt an Anlegestelle ihre Ablehnung gegenüber der AfD ausdrückte wurde von der Polizei direkt vertrieben.

Nach dem Ablegen änderte das Schiff spontan den Kurs und fuhr in Richtung Rhein unter der Kurpfalzbrücke hindurch. Auch dabei wurde die rechte Veranstaltung weiterhin mit lauten Parolen konfrontiert. Aus Angst vor dem Protest, den die AfD auf der Strecke durch unseren gemeinsamen Aufruf erwartet hätte, fuhr die MS Kurpfalz kurzfristig nicht nach Heidelberg sondern nach Worms.

Zu dem Verhalten der Einsatzkräfte ist folgendes zu sagen:

Es gab bereits im Vorfeld Personenkontrollen der Polizei an Passant*innen und Personen, die sich in der Umgebung des Anlegers aufgehalten haben und auf Nachfrage angegeben haben, nicht zu der AfD Veranstaltung gehen zu wollen. Mehrere Personalien wurden aufgenommen und Abfragen durchgeführt. Während des Protests auf der Kurpfalzbrücke wurde die Gruppe zu jedem Zeitpunkt von mehreren Polizist*innen zu beiden Seiten der Spontanversammlung flankiert.

Nachdem das Schiff außer Hörweite war, löste sich die Gruppe allmählich auf und einige Antifaschist*innen bewegten sich in Richtung Feuerwache/Neckarstadt, wobei sie von einer Gruppe von ca. 25 Einsatzkräften verfolgt wurden.

Diese griffen die Gruppe sehr plötzlich und ohne Vorwarnung von hinten an, zerrten zwei junge Frauen aus der Gruppe, schleuderten sie mit voller Kraft in die Gruppe der Polizist*innen und brachten sie mit Schlägen und Tritten zu Boden. Sie hielten sie zu dritt, mit Polizisten die zum Teil mit ihrem vollen Gewicht auf ihnen knieten und saßen, fest. Als Resultat der brutalen Verhaftung trug eine Person ein großes Hämmatom am linken Oberarm davon, die andere eine sichtbare Prellung am Kopf. Die gewalttätige Behandlung einer der beiden Frauen wurde erst durch Polizistinnen, die sich schützend vor eine auf dem Boden kauernde Person stellten, unterbrochen. Eine weitere Person wurde hinterrücks durch einen Griff am Hals zu Boden gebracht und ebenfalls mit Schlägen malträtiert, die Folgen ebenfalls noch an der Stirn sichtbar. Der Rest der Gruppe sowie Passant*innen wurden mittels einer Polizeikette vom Geschehen und den betroffenen Genoss*innen abgeschirmt. Den abgeschirmten Antifaschist*innen wurde Gewalt („Ihr liegt gleich alle!“) und weiteren Repressionen wie Hausdurchsuchungen angedroht, falls die Gruppe noch weiter Widerrede leisten sollte.

Gründe für den Einsatz wurden auch auf Nachfrage nicht genannt. Den Personen, die sich in Gewahrsam befanden, wurden Handschellen angelegt, sie wurden durchsucht und fotografiert. Auf die Nachfrage, ob sich eine Person aus der Gruppe zu einer der verhafteten Personen begeben könne, wurde behauptet, dass es der Person gut gehen würde – so viel Vertrauen in die Polizei müsse man schon haben. Eine für den Einsatz Verantwortliche Person wurde zu keinem Zeitpunkt genannt. Die meisten der Einsatzkräfte trugen keine Erkennungszeichen oder Dienstnummern. Auf Nachfrage gab ein Beamter, der zuvor durch besonders ungezügelte Gewalt aufgefallen war, an, keine Auskunft geben zu müssen.

Als Umstehende weiterhin auf eine Auskunft bestanden sagte der Polizist, dass er sich an seine Dienstnummer „ausgerechnet heute“ nicht erinnern würde, er und seine Kolleg*innen grinsten. Er drehte sich schließlich um und verwies auf die Aufschrift auf seinem Rücken („Polizei“). Das müsse reichen sagte er. Nach weiteren Nachfragen verwies er nur noch auf seine Dienststelle und seinen Zug: Bruchsal Zug 1330, eine Einheit die regelmäßig durch Gewaltexzesse rund um Demonstrationen und weitere Veranstaltungen auffällt.

Zwei Personen konnten nach etwa 20 Minuten gehen und erhielten einen Platzverweis. Eine Auskunft über die dritte Person wurde verweigert. Es war klar erkennbar, dass sie abgeführt wurde, jedoch gab keine*r der Beamt*innen Auskunft über den Vorgang.

Nach weiteren 30 Minuten hieß es, dass die verhaftete Person bald freikommen würde – später dann, dass sie auf die Wache mitgenommen wird. Unklar blieb, welche Wache gemeint war. Nach weiteren 20 Minuten wurde bekannt gegeben, dass die Genossin in das Polizeipräsidium L6 gebracht wird. Die Genossin saß zuvor, direkt nach Ihrer Verhaftung, etwa eine Stunde alleine in einem abgeschlossenen Streifenwagen, welcher vor der Kurpfalzbrücke geparkt war. Im Präsidium musste sie sich einer Erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen.

Eine Gruppe von 10 Personen wartete vor dem Polizeipräsidium darauf, dass die Genossin die Wache wieder verlassen konnte & empfing sie mit Applaus. Auch solidarische Genoss*innen aus Heidelberg stießen im Nachinein dazu und leisteten den Mannheimer Antifaschist*innen Unterstützung. Diese begrüßten die AfD zudem lautstark bei ihrer Rückkehr in Mannheim – wieder mit Protest von der nahen Kurpfalzbrücke. Hier blieb alles ohne Zwischenfälle.

Eine zuvor durch Polizist*innen besprochene direkt anschließende Hausdurchsuchung bei allen Betroffenen fand nicht statt.

Das Verhalten der Polizei war von Anfang an von einem Ziel geleitet:
Die Teilnehmenden einschüchtern und antifaschistischen Protest verhindern. Zusätzlich zu der Gewalt und Repression die wir an diesem Tag erfahren haben wurde am Samstag auch jeder sonstige Protest gegen die AfD auf dem Neckar im Keim erstickt:

15-20 Schlauchboote der Polizei patroullierten auf dem gesamten Gebiet von Mannheim bis Heidelberg, die MS Kurpfalz wurde zusätzlich von einem Schiff der Feuerwehr und Polizei begleitet. Auf allen Brücken an der Strecke wurden Polizist*innen sowie Mannschaftswagen am Ufer positioniert. Mehrere Gruppen und Personen an unterschiedlichen Orten, die sich nach unserem Aufruf mit kreativen Aktionen am Protest beteiligen wollten, teilten uns am Tag selbst mit, dass sie von der Polizei kontrolliert und ihre Personalien aufgenommen wurden und sie einen Platzverweis erhielten.

Die Botschaft der Polizei bleibt deutlich und reiht sich ein in unzählige Erfahrungen: Wer sich rechten Kräften entgegenstellt hat mit gewaltiger Repression zu rechnen. Das zeigt die massive Polizeigewalt und Welle an Verurteilungen gegenüber Antifaschist*innen & anderen Linken in den letzten Monaten immer wieder: So z.B. die Polizeigewalt bei den Protesten gegen den AfD Landesparteitag in Offenburg oder die willkürlichen Maßnahmen gegenüber Antifaschist*innen beim AfD Bundesparteitag in Essen. All das ist keine Neuerung und auch kein Skandal sondern immer öfter ‚Normalzustand‘. Um gegen genau diesen anzukämpfen müssen auch weiterhin Erfahrungen öffentlich und sichtbar machen.

Festzuhalten bleibt nach diesem – für uns anders als geplant verlaufenen – Tag der Fakt, dass die AfD es trotz massivem Polizeiaufgebot für zu ungemütlich hielt, die ursprünglich Route zu fahren. Unser beständiger und entschlossener Protest geht an den Rechtsradikalen nicht spurlos vorbei. Auch die Tatsache, dass unsere OATs in Heidelberg und Mannheim städteübergreifend zusammenarbeiten, sich in der Region gemeinsam rechten Kräften entgegenstellen und sich solidarisch unterstützen ist ein starkes Zeichen, an das wir weiter anknüpfen werden. Wir halten zusammen und kämpfen gemeinsam!

Das viele Personen sich an der Strecke selbstständig postiert hatten ist ein ebenso starkes Zeichen. Danke an alle, die sich an diesem Tag unserem Aufruf angeschlossen haben!

Das Beibehalten unserer Positionen und unser Kampfes gegen reaktionäre Kräfte bleibt und ist trotz – und auch genau wegen – sich beständig verschärfender Repression Auftrag und Pflicht für alle Antifaschist*innen.

Unser Kampf gegen Rechts geht weiter und wird auch in Zukunft nicht durch Staat und Polizei aufgehalten werden.

Alle zusammen gegen den Faschismus!